The International Society for Military Ethics in Europe
Leadership. Ethics. Service.

Die Zukunft der Militärethik

EuroISME Jahrestagung 2023

Tagungsort : Athen, Griechenland, Hellenic Airforce Academy

Daten:  10. - 12. Mai 2023

Tagungsthema – Die Zukunft der Militärethik

 

„Herr General, wann werden die Zeiten wieder ruhig und normal sein ?“ fragte der Gefreite.
„Niemals mein Sohn, niemals“, antwortete der General.

Dieses Gespräch fand irgendwo in Europa kurz nach dem Fall der Berliner Mauer statt.
Damals beschlossen die meisten westeuropäischen Länder, ihre Streitkräfte nicht nur zu verkleinern, sondern diesen auch neue Aufgaben zu übertragen.
Die relativen Gewissheiten des Kalten Krieges wurden durch immer neue Unsicherheiten ersetzt.

Zu den neuen Aufgaben für Streitkräfte gehörte in den folgenden Jahrzehnten u.a. die Bekämpfung des heimischen Terrorismus, etwa durch den weithin sichtbaren Einsatz von Soldaten in den Straßen von Paris, Madrid und Brüssel.

Aus dem Bericht des UN-Generalsekretärs "An Agenda for Peace (1992)" entstand das neue Konzept des „Peacebuilding“ –  im Gefolge der Kosovo-Krise wurde das umstrittene Konzept der „Schutzverpflichtung / Responsibility to Protect“ formuliert.

Eine Folge davon war, dass militärische Interventionen als moralisch gerechtfertigt dargestellt werden konnten – eine Auslegung, die im Gegensatz zum traditionellen Konzept der unmittelbaren Selbstverteidigung stand.
Die Idee einer „humanitären Intervention“ entstand und war kaum mehr als ein Versuch, die Doktrin des "gerechten Krieges" neu zu schreiben.
Ein aufschlussreiches Detail war, dass solche Interventionen in einigen europäischen Ländern aus dem Haushalt für Entwicklungshilfe im Ausland finanziert wurden – nicht aus dem Haushalt des Verteidigungsministeriums.
Der internationale Terrorismus wurde auch zu einem wichtigen Treiber der Macht, sei es als direkte Folge von Anschlägen wie dem 11. September oder dem Auftauchen mächtiger und rücksichtsloser Gruppen wie ISIS (Daesh).

Damit bildeten die komplementären Säulen des Völkerrechts und der Militärethik nicht mehr den stabilen Bezugsrahmen, der sie einst waren. Wir sind in eine Zeit der Turbulenzen eingetreten, wie die folgenden Tatsachen veranschaulichen:

  • Seit der Verabschiedung der Charta der Vereinten Nationen bis zum Ende des Kalten Krieges ging man davon aus, dass Kriege nur dann als gerechtfertigt gelten würden, wenn sie von der UNO sanktioniert würden. Seit der Kosovo-Krise (1999) wird diese Annahme unter anderem durch das Aufkommen des R2P-Konzepts in Frage gestellt. Die gesamte Frage der Legitimität wird weiter in Frage gestellt durch die Möglichkeit der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, entweder ein Veto gegen ein Mandat für Maßnahmen einzulegen oder die Verurteilung bereits durchgeführter Maßnahmen zu blockieren.
  • Moderne Technologien stellen neue Anforderungen sowohl an das Kriegsrecht als auch an die Militärethik. Was bedeutet das Konzept eines „bewaffneten Angriffs“ gemäß Artikel 51 der UN-Charta, wenn der Angriff nicht physisch ist? Moderne Technologien bedeuten auch, dass das Konzept eines „Schlachtfelds“ obsolet wird: Ein „Schlachtfeld“ ist kein geografischer Ort mehr: Ein Cyberangriff kann sich schnell über die ganze Welt ausbreiten. Moderne Technologien implizieren auch, dass der Mensch „out of the loop“ eines Waffensystems sein kann; was die Frage aufwirft, ob die Ethik dann auch out of the loop ist.
  • Der US-geführte Angriff auf den Irak und der Sturz von Präsident Saddam Hussein basierten auf fragwürdigen Rechtsgrundlagen. Damit wurde die seit dem Zweiten Weltkrieg geltende Prämisse untergraben, dass Berufssoldaten davon ausgehen können müssen, dass Befehle einer demokratisch gewählten Regierung rechtmäßig sind. Diese Prämisse wurde nach dem Fall von Kabul weiter untergraben, als den abziehenden Streitkräften befohlen wurde, Tausende von lokalen Mitarbeitern und ihre Angehörigen zurückzulassen, mit  Szenen, die an den Fall von Saigon (1975) erinnerten.
  • Friedenstruppen sollen neutral und unparteiisch sein. Aber was bedeutet das, wenn ein "Peacekeeper" mit Mord, Vergewaltigung und Plünderung konfrontiert wird? Soll er/sie seinem Auftrag entsprechend tatenlos zusehen und die Verbrechen geschehen lassen?
    Oder sollte er unter Anwendung grundlegender Prinzipien der Gerechtigkeit eingreifen?
  • Was bedeutet der Gerechtigkeitsbegriff eigentlich, wenn die internationale Gemeinschaft nicht eingreift, wie beim Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg?
  • Irreguläre Streitkräfte – häufig "Armeen in Sandalen" – unterminieren nicht nur die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten. Sie unterminieren auch grundlegende Konzepte der Militärethik. Die International Review des Roten Kreuzes schrieb: „Der Begriff des Heldentums, der traditionell mit dem Gehorsam gegenüber dem Ehrenkodex eines Kriegers in Verbindung gebracht wird, scheint jetzt entweder zu fehlen oder von denen, die feige Morde als glorreiche Siege darstellen, völlig pervertiert worden zu sein bis hin zur Verbreitung von Videos ihrer Verbrechen über YouTube.“

Klar ist, dass dem bestehenden Konfliktspektrum neue Formen der Kriegsführung hinzugefügt werden.
Dies kann zu einer von zwei Reaktionen führen – entweder dass Militärethik, wie sie traditionell definiert wird, an Relevanz verlieren wird, oder dass wir das, was wir unter Militärethik verstehen, radikal ändern müssen, um Relevanz zu bewahren.

Wir bevorzugen natürlich die zweite der beiden Möglichkeiten. Eine Welt voller Konflikte ohne ethische Grenzen ist buchstäblich zu schrecklich, um darüber nachzudenken.
Aber wie halten wir die Ethik unter diesen Umständen relevant? Wie können wir die Ethik weiterhin aus den Bereichen der Philosophie in den Bereich intensiv praktischer Anwendung übertragen?

Auf der 12. Jahrestagung von EuroISME in Athen wollen wir diese grundlegenden Fragen diskutieren.

 

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Programm

Daten und Veranstaltungsort

Am Vorabend der Tagung (Dienstag, den 09. Mai 2023) gab es den traditionellen informellen "Meet&Greet-Empfang" für alle bereits angereisten Tagungsteilnehmer und deren Partner*innen im Hellenic Armed Forces Officers’ Club im Zentrum von Athen mit Blick auf das Lyzeum von Aristoteles abzuhalten.
Die eigentliche Tagung fand in der Hellenic Air Force Academy am Stadtrand von Athen statt. Sie dauerte von Mittwochmorgen, den 10. Mai, und endete am Freitag, den 12. Mai.


Fotos von der Konferenz

Meet & Greet Empfang

Tag 1

Tag 2

Konferenz-Dinner

Tag 3


Erkundungsreise

In Vorbereitung der 12. Jahrestagung in Athen besuchten die Geschäftsführer Daniel Beaudoin und Ted van Baarda am 22. Juni 2022 die Hellenic Air Force Academy. Sie trafen mit dem Akademiekommandanten, Generalmajor Konstantinos Karamesinis und mit dem Dekan Professor Petros Kotsiopoulos zusammen.

Nach Besichtigung der großzügigen Tagungsräume wurde schnell klar, dass die Akademie für eine Tagung wie die unsere bestens  gerüstet ist.

Das Meet & Greet sowie das festliche Abendessen werden im Hellenic Armed Forces Officers Club im Zentrum von Athen stattfinden. Dirt kann man von der Terrasse auf das Lyzeum des Aristoteles blicken, wo der alte Herr vor langer Zeit seine Vorlesungen hielt.

 


 

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